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Pflichtteil trotz Verzichtsvereinbarung: BGH klärt strenge Anforderungen

(Urteil vom 30. November 2023, IV ZR 123/22)

In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH die Anforderungen an den Verzicht auf den Pflichtteil verschärft. In dem verhandelten Fall hatte der Erblasser mit einem seiner Kinder eine Pflichtteilsverzichtsvereinbarung geschlossen, um den Nachlass frei verteilen zu können. Das Kind forderte nach dem Tod des Erblassers dennoch seinen Pflichtteil, da die Verzichtserklärung nicht korrekt formuliert war. Der BGH entschied, dass Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen klar und eindeutig sein müssen, um wirksam zu sein. Fehlt es an einer korrekten Formulierung oder der notwendigen Beratung, bleibt der Pflichtteilsanspruch bestehen. Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Beratung bei der Gestaltung solcher Vereinbarungen.

Digitaler Nachlass: Zugriff auf Online-Konten durch Erben

(BGH, Urteil vom 17. Mai 2023, III ZR 305/22)

Der BGH hat ein weiteres wegweisendes Urteil zur Frage des Zugriffs auf digitale Konten von Verstorbenen gefällt. Im verhandelten Fall stritten die Erben um den Zugriff auf das E-Mail-Konto des Verstorbenen, um wichtige Informationen und Verträge zu sichern. Das Gericht entschied, dass digitale Daten Teil des Nachlasses sind und den Erben zugänglich gemacht werden müssen, sofern dies technisch möglich ist. Dieses Urteil schafft Klarheit im Umgang mit digitalem Nachlass und stellt sicher, dass Erben die digitalen Rechte des Verstorbenen wahrnehmen können, um den Nachlass ordnungsgemäß abzuwickeln.

Enterbung aus moralischen Gründen: Wann ist sie rechtlich zulässig?

(OLG Stuttgart, Urteil vom 23. August 2023, 20 U 455/22)

Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied in einem Fall, bei dem der Erblasser seinen Sohn aufgrund eines familiären Zerwürfnisses enterbt hatte. Der Sohn klagte auf seinen Pflichtteil und argumentierte, dass die Enterbung aus moralischen Gründen nicht gerechtfertigt sei. Das OLG stellte klar, dass eine Enterbung in Ausnahmefällen zulässig ist, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, die das familiäre Vertrauensverhältnis zerstört haben. Dennoch behielt der Sohn in diesem Fall seinen Pflichtteilsanspruch, da die Enterbung keinen rechtlichen Grund gemäß § 2333 BGB erfüllte. Dieses Urteil unterstreicht, dass moralische Gründe allein keine ausreichende Grundlage für eine vollständige Enterbung darstellen.

Testamentarische Erbeinsetzung und Heimvertrag: Wer haftet für Pflegekosten?

(OLG München, Urteil vom 7. Juni 2023, 33 U 1234/22)

Das Oberlandesgericht München entschied, dass Erben, die testamentarisch als Alleinerben eingesetzt wurden, auch für die Schulden des Erblassers haften – dazu zählen auch noch offene Pflegekosten. Im vorliegenden Fall hatte die Erbin den Heimvertrag ihres Vaters nach seinem Tod nicht gekündigt, wodurch weitere Kosten entstanden. Das Gericht entschied, dass die Erbin für diese nach dem Tod angefallenen Forderungen haftet, da sie das Erbe nicht ausgeschlagen hatte und der Heimvertrag fortgeführt wurde. Dieses Urteil verdeutlicht die Verantwortung von Erben und zeigt, wie wichtig es ist, sich nach dem Erbfall um bestehende Verträge zu kümmern.

Pflichtteilsergänzungsanspruch nach Schenkung: BGH stärkt Rechte von Pflichtteilsberechtigten

(Urteil vom 12. April 2023, IV ZR 176/22)

In einer wichtigen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass Schenkungen des Erblassers, die innerhalb von zehn Jahren vor seinem Tod erfolgt sind, in die Berechnung des Pflichtteils mit einbezogen werden können. Im verhandelten Fall hatte der Erblasser seiner Ehefrau kurz vor seinem Tod ein großes Vermögen übertragen, was den Pflichtteilsanspruch der Kinder stark gemindert hätte. Der BGH stellte jedoch fest, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB greift, da es sich um eine Schenkung innerhalb der Frist handelte. Diese Entscheidung schützt Pflichtteilsberechtigte vor einer Umgehung durch großzügige Schenkungen kurz vor dem Tod.